Honigbiene gegen roter Drache

FTR fordert die Unterstützung regionaler Netzwerke

Gut. Eineinhalb Jahre sind eine lange Zeit, wenn man mit eingeschränkten Grundrechten leben muss, sie sind aber auch nur ein Wimpernschlag in der Zeitrechnung eines kollektiven Gedächtnisses. Wie konnten wir dann so schnell vergessen, wie wir in der Anfangszeit der Pandemie die Pflegekräfte beklatscht, Busfahrer* und Kassierer*innen gedankt und uns geschworen haben, globale Abhängigkeiten und Lieferketten zu beenden und die lokale Wirtschaft zu unterstützen und zu fördern. Erste kleine und mittelständische Unternehmen, die zum Wohle der Gesellschaft ihre Produktionen auf Desinfektionsmittel und Masken umstellten oder erweiterten, sich um Zertifizierungen bemühten und regionale Materialien verwendeten, erfuhren damals noch unseren Respekt, ein positives Echo in den Medien und sollten entsprechende Förderungen von Bund und Ländern erhalten. Doch wo stehen sie heute, nur eineinhalb Jahre danach?

Sie bleiben sitzen auf ihrer Produktion, ihren Produktionsstätten und ihren Investitionen, müssen ihre Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken, bleiben zurück im Preiskampf der Supermärkte, der Pflege- und Krankenhäuser, die nach wie vor die Quantität chinesischer Märkte vor die Qualität regionaler Produkte stellen.  Doch damit nicht genug, trotz anteiliger Förderung des Maschinenzukaufs, der an längerfristige Betriebsverpflichtungen gebunden war, erfahren sie nicht einmal bei Ausschreibungen des Bundes und der Länder eine entsprechende Berücksichtigung. So ein Artikel aus dem Oberbayerischen Volksblatt von Anfang Mai unter dem Titel „Es geht um Leben, nicht um Cents“, verfasst von Sylvia Hampel, in dem sich der Riederinger FFP2-Masken-Produzent Klaus Unterseer über den Staat ärgert und die Welt nicht mehr versteht. Und er ist sicherlich kein Einzelfall.

Wo sind sie geblieben, die Klatscher, die Bedanker und die Förderer? Nachhaltiges Wirtschaften in einer Postwachstumsgesellschaft, die Qualität vor Quantität stellt, wird nur in regionalen Netzwerken möglich sein. Sie erfordert ein ganzheitliches Denken bei allen im Wertschöpfungskreislauf Beteiligten und nicht allein Offenheit und Flexibilität bei jenen KMUs, die dies bereits begriffen haben. Ein Arbeiten in regionalen Netzwerken verhindert die Abhängigkeit von globale Lieferketten und politischen Systemen, schafft Arbeitsplätze und stärkt die Wertschöpfung im eigenen Land und sie entlastet last but not least auch unser Klima. Haben wir noch immer nicht verstanden wie eng Wirtschaft, Klima und Gesundheit miteinander verflochten sind?

Epidemien und Pandemien bedeuteten in der Menschheitsgeschichte immer einen Bruch bekannter Entwicklungslinien. Verstehen wir immer noch nicht, dass wir unsere übergeordnete Aufgabe nur bewältigen können, wenn wir wahrnehmen, dass wir uns von der Wachstumsgesellschaft zur Postwachstumsgesellschaft entwickeln? Verstehen wir immer noch nicht, dass wir unsere globale Wirtschaft, die Abhängigkeiten von Ressourcen- und Zulieferketten, von politischen Systemen und bewährten Weltordnungen überdenken müssen? Verstehen wir immer noch nicht, dass wir eine Kultur des Schrumpfens entwickeln müssen? Wir sollten es verstehen lernen, um dann auch vielleicht die Pandemie sogar als Chance zu betrachten, jetzt den erforderlichen Strukturwandel zu initiieren. Ein Strukturwandel, der zugleich einen Wertewandel bedeutet. Eine Aufgabe, die nur gesamtgesellschaftlich bewältigt werden kann.

FTR fordert uns alle zum Umdenken auf.